Holzkastenkipper

Es wird immer weiter gearbeitet!!!!


Allgemeines

Bei Feldbahnen, die im Erdbau eingesetzt wurden, waren Holzkastenkipper auf 600- und 900mm-Spur bis in die 50er Jahre sehr weit verbreitet. Es mag am vergänglichen Baustoff Holz liegen, dass es heute in Museen nur sehr wenige überlebende Exemplare dieser Wagen gibt. Das ist sicher auch der Grund, warum so wenig Modelle davon existieren, denn es sind kaum Original-Zeichnungen verfügbar.

Im meiner Feldbahn-Modellbauzeit interessierten mich die Holzkastenkipper sehr, die Modelle baute ich nach einer Zeichnung, die ich hier allgemein zur Verfügung stellen will. Vielleicht ist das der Anstoß, auf den mancher Modellbauer ja gewartet hat. Der Kipper zeigt eine Konstruktion der Firma Rein aus Michelstadt, der 1 1/4 cbm-Kipper war der Standard-Typ auf 600mm-Spur. Es gab viele Hersteller, natürlich zählte auch die im gleichen Ort immer noch ansässige Firma Mühlhäuser dazu, genauso wie Dolberg, Orenstein&Koppel und Krupp. Große Baufirmen wie z.B. Holzmann bauten sich Holzkipper sogar selbst, da alle eisernen Beschlag- und Fahrwerksteile einzeln erhältlich waren. Vorteil der Holzkipper war, dass sie mit einfachsten Mitteln auf der Baustelle (Holzbearbeitung und eine kleine Feldschmiede) instandgehalten werden konnten. Nachteil war, dass eine Generalüberholung auch einem Neubau gleichkam, da praktisch alle Holzteile zermürbt waren.

1,25 cbm Kastenkipper, Conrad Rein DEMAG-Lok und Holzkastenkipper 1f Holzkastenkipper Spur 1f Modellbagger Menck Mb, Spur 1f

Ab 1986 gehörte ich zu einer Gruppe von Feldbahnern in 1:35 auf 16,5mm-Gleisen (also Spur 1f), die sich im hannoverschen Freizeitheim Linden trafen. Noch heute ist dort eine hochwertige H0e-Fremo-Gruppe aktiv, aber Feldbahner gibt es nicht mehr.

Ich baute Kastenkipper mit selbstgegossenen Weißmetall-Rädern, Module dazu und natürlich ferngesteuerte Bagger. Obenstehende Fotos zeigen meine beiden Sandgrubenmodule mit ein paar Kippern. Die Lok, eine DEMAG ML50, baute damals Jürgen Lott aus Hannover, der soweit ich weiß, bis heute noch Modell-Feldbahner geblieben ist.

Der Vollständigkeit halber hier auch noch die Zeichnung des 4 cbm-Standard-Holzkastenkippers für 900mm-Spur, ebenfalls die Konstruktion der Firma Rein. Abschließend noch alle weitere Zeichnungen, die mir zur Verfügung stehen. Es handelt sich um große Kipper für 900mm-Spur, von denen der Krupp-Typ schon den späteren "Selbstentladern" entspricht, die vor allem bei großen Baustellen und im Tagebau gebräuchlich waren.

4 cbm-Kipper Conrad Rein 4 cbm Holzmann-Kipper 2 cbm Selbstentlader Krupp-Rudert 3 cbm Holzkasten-Kipper 4 cbm Holzkasten-Kipper Holzmann Abmessungen (Holz)Kastenkipper

Im letzten Bild der vorigen Reihe ist eine Tabelle aus einem Fachbuch der 30er Jahre wiedergegeben, die die Hauptabmessungen vieler Holzkastenkipper und eiserner Selbstkipper der damaligen Zeit nennt. Vielleicht ganz hilfreich für Vergleichszwecke oder den Modellbaukompromiß, wenn man zu vorhandenen Rädern oder Fahrgestellen etwas Passendes sucht.


Hersteller Dolberg

Natürlich bot auch der Feldbahnhersteller und -händler R. Dolberg AG Holzkastenkipper an. In einem Prospekt aus den 20er Jahren wird eine neuartige Verriegelung des Kippkastens gezeigt: ein fußbetätigter Haken hält den Kasten, das dürfte auch modellbauerisch gut umzusetzen sein. Normalerweise wurde der Kasten mit einer oder zwei Ketten gehalten, die von einem Verriegelungsbügel am Fahrgestell gehalten wurden, siehe Zeichnungen von Fa. Rein. Das war schwerer zu bedienen und unfallträchtiger, zu Details der Bedienung verweise ich auf unser Standardwerk "Feldbahnen" von Paule Roloff.

Auf dem Prospektblatt, welches mir leider nur als SW-Kopie vorliegt, kriegte dann natürlich der Wettbewerb auch sein Fett weg:

Ein "großer" Kastenkipper für 900mm wird in einem weiteren Dolberg-Prospektblatt aus den 20ern gezeigt. Auch hier hat Rudolf Dolberg die Reklameabteilung angewiesen, auch schmalspurige Produkte möglichst breitspurig anzupreisen:

Dolberg-900mm-Holzkastenkipper S.1 Dolberg-900mm-Holzkastenkipper S.2 Dolberg 900mm-Kastenkipper 3 cbm Dolberg 5/4 cbm Kastenkipper Dolberg 5/4 cbm Kastenkipper S.2
2cbm-Dolberg-900mm-Holzkastenkipper 1,25cbm-Dolberg-Kastenkipper mit Fußentriegelung

Ausführungsformen

Der dritte Teil der Holzkastenkipper-Abhandlung soll noch mal auf die Einsatzmöglichkeiten eingehen. Generell unterscheidet man nach einseitig kippenden oder doppelseitig kippbaren Wagen. Der wahre Feldbahner redet von "Einschlägern" (weil sie nur nach einer Seite aufschlagen) und von "Zweischlägern"(diese Bedeutung dürfte sich von selbst erschließen). Das Schlagen ist durchaus wörtlich zu nehmen, denn ein hartes Aufschlagen des Kastens auf die Anschläge ist erwünscht, um evtl. festgebackenes Material zu lösen. Zumindest in der Theorie, in der Praxis lag dann manchmal eher der Wagen auf der Seite oder der ganze Zug am Fuße der Kippenböschung, wenn der Matsch nicht aus dem Kasten rutschte. Die Arbeit auf der Kippe war nicht nur schmutzig und kräftezehrend, sondern auch äußerst gefährlich, wenn man zeitgenössische Berichte liest, sogar der besch... Job auf der ganzen Erdbaustelle. Dazu verweise ich gerne wieder auf Paule Roloffs kurzweilige Ausführungen in seinem Buch "Feldbahnen".

In der alten Akte einer Steinbruchbahn fand ich die folgende Original-Werksaufnahme eines Mühlhäuser-Kastenkippers. Leider findet sich außer dem Mühlhäuser-Stempel auf dem Foto, an welchem der Zahn der Zeit auch schon genagt hat, kein weiterer Hinweis auf Baujahr oder Kunde. Es müßte sich um einen Wagen auf 600mm-Spur handeln, denn die Eisenbeschläge des zweiseitig kippbaren Kastens stimmen mit den 1,25 cbm-Kippern der Bottroper Sandgräberei überein. Nur die Klappen sehen hier anders aus. Ich nehme an, daß der obere Teil umklappbar war, um die Beladung per Handschaufel zu erleichtern.

Des Weiteren seien jetzt Beispiele für Zweischläger von Dolberg und Orenstein&Koppel gezeigt, sowie ein Exemplar von Glaser & Pflaum, bei welchem der Rahmen aus Stahlprofilen ausgeführt ist.:

Mühlhäuser Zweischläger Dolberg Zweischläger Fig. 9774 von O&K Zweischläger Fig. 9771 von O&K Zweischläger Zweischläger 600mm Glaser & Pflaum,

Zeichnungen der doppelseitigen Holzkastenkipper sind rar, ich kann hier nur eine recht rudimentäre Skizze wiedergeben, die aus einer Veröffentlichung der Dampfkleinbahn Mühlenstroth stammt. Dort stand lange Jahre ein Zug mit Kippern, die dem Vernehmen nach von den Formsandgruben Bottrop kamen. Durch die Freiluftabstellung kam der biologische Abbau der Holzteile recht gut voran, so daß heute davon nur noch Ruinen existieren, die sich auf mehrere Feldbahnsammlungen (ich kenne Exemplare in Lengerich und in Hildesheim) verteilt haben. Es gibt aber im Umkreis des Frankfurter Feldbahnmuseum mindestens zwei vollständig neu aufgebaute Exemplare, die auch auf der Internet-Seite des Frankfurter Feldbahnmuseums abgebildet sind.

In den Jahren 1990 und 1993 fotografierte ich bei Besuchen bei der Dampfkleinbahn Mühlenstroth die dort abgestellten zweiseitig kippenden Holzkastenkipper. Auf den Fotos sind die Details der Verriegelung der Kippvorrichtung gut zu sehen.

Zweischläger aus DKBM-Broschüre Kastenkipper Mühlenstroth Kastenkipper Mühlenstroth Kastenkipper Mühlenstroth Kastenkipper natürlich gealtert Kastenkipper 1,25 cbm in Lengerich 2010 Kastenkipper 1,25 cbm in Lengerich 2010 Kastenkipper 1,25 cbm in Lengerich 2010
Kastenkipper 1,25 cbm Hildesheim Kastenkipper 1,25 cbm Hildesheim Kastenkipper 1,25 cbm Hildesheim

Zurück zur Technik: Rückgrat des Kippkastens ist die sog. Kippwalze an seiner Unterseite. Sie ist an zwei oder drei Stellen ausgeklinkt und dort abgerundet, um sich auf den Sattelhölzern abzustützen. Bei Einschlägern ist die Kippwalze nicht mittig, sondern 100mm zur Kippseite hin verschoben, damit der Kasten nicht von selbst umschlägt, wenn die Kastenverriegelungsketten gelöst werden. Dafür muß dann der Kasten mit Manneskräften an eingesteckten Rundhölzern soweit angekippt werden, bis der Schwerpunkt sich soweit zur Kippseite verlagert hat, dass es von alleine geht. Die Männer mußten dann tunlichst die Rundhölzer loslassen, sonst ging es aufwärts. An Ende der Rundhölzer waren Ketten oder Seile angebracht, mit denen der entleerte Kasten wieder zurückgeholt werden konnte. Die Verriegelungshaken der Klappe werden erst aufgeschlagen, wenn der Kasten begonnen hat zu kippen. Wer das ganz vergißt, muß zur Strafe den Wagen wieder aufrichten, siehe oben. Das nächste Bild zeigt einen gekippten Wagenkasten mit der entschlossen dreinblickenden Kippkolonne, die eingesteckten Rundhölzer und Rückholseile sind gut erkennbar.

Die Gelenkflächen von Kippwalze und Sattelhölzern können auch mit Eisen beschlagen sein, um Verschleiß und Reibung zu vermindern. Solche offenen Pfannengelenke waren Standard bei den alten Holzkastenkippern, gegen Abheben des Kastens gab es ein oder zwei Verbindungsketten zwischen Kippwalze und Fahrgestell. Bei Transport zur Einrichtung neuer Baustellen wurden Fahrgestelle und Kästen grundsätzlich getrennt transportiert, wie man das bei eisernen Kipploren ja meist auch machte.

Holzkastenkipper mit Außenrahmen gab es in Deutschland kaum, sie waren aber in Frankreich, England und USA häufig zu finden. Eine Abbildung habe ich einer Orenstein&Koppel-Anzeige in einer alten Ausgabe der Zeitschrift Steinbruch&Sandgrube von 1905 gefunden:

Kippkolonne am 900mm-Zug O&K Kastenkipper Fig.9769 O&K Kastenkipper Außenrahmen

Die sog. Selbstentlader, erkennbar an der sich anhebenden Klappe, waren in Deutschland fast ausschließlich einseitig kippend. Hier waren Kasten und Fahrgestell in den meisten Fällen durch "richtige" Gelenke mit Augen und Bolzen verbunden. Die Gelenke waren so angeordnet, daß der gleichmäßig beladene Kasten nach Lösen der Verriegelung von selbst zu kippen anfing. In der gekippten Stellung arretierte sich das Gestänge dann erst mal selbsttätig.

Doch damit nicht genug: wenn der Bediener (ein Mann reichte selbst für 8 cbm-Kipper aus!) die Verriegelung des gekippten, nunmehr leeren Kasten löste, erzeugte die angehobene Klappe ein Rückstellmoment, die den leeren Kasten aufrichtete - ohne irgendeine Hilfsenergie sorgten nur die Gewichte von Beladung und Kippkasten sowie die richtige Kinematik für den Bewegungsablauf. Anbei Ausführungen von Krupp und O&K:

Krupp Kastenkipper 476 Krupp Kastenkipper 472 O&K Kastenkipper fig 17355

In alten Katalogen herrscht an Abbildung von Holzkastenkippern kein Mangel. Mit ein paar weiteren schönen Grafiken aus dem Hause Dolberg und zwei schweren 900mm-spurige O&K-Kippern aus bester deutscher Eiche soll der Zeichnungs-Teil dieser Wagenart vorerst abgeschlossen werden. Das letzte Bild zeigt eine Umbauform eines alten Holzkastenkippers zum Selbstentlader, um die Bedienung zu vereinfachen: Die Klappe hebt sich automatisch beim Kippen, und die Kippgelenke wurden nach hinten versetzt, so daß der beladene Kasten nach Lösen des Verriegelungshebels von alleine umschlägt.

Dolberg Kastenkipper gebremst fig.922 Dolberg Kastenkipper gebremst fig.923 O&K Kastenkipper fig 17393a O&K Kastenkipper fig 16705 900mm Kastenkipper zum Selbstentlader umgebaut

900mm-Holzkastenkipper der westfälischen Sandgräberei Bottrop

Da die westfälische Sandgräberei in Bottrop im Formsandabbau noch bis Ende der 80er Jahre Kastenkipper im Bestand hatte, wenn auch nur noch in 900mm-Spur, wundert es nicht, dass der eine oder andere noch überlebt hat. Das westfälische Industriemuseum hat wohl auch welche bekommen, jedenfalls fand ich zwei 900mm-Kipper neben dem Ziegelei-Ringofen auf dem Gelände der Zeche Nachtigall - dort, wo auch die Muttenthalbahn auf 60cm-Spur hinfährt:

900mm Kastenkipper Bottrop 900mm Kastenkipper Bottrop 900mm Kastenkipper Bottrop

Detailaufnahmen des Kipplagers zeigen eine sehr einfache und robuste Konstruktion, bei der einfach Flacheisen auf das Holz "genagelt" wurde. Weitere Details des gefederten Zughakens und der Innenlagerung der Radsätze werden auch gezeigt. Über den Rädern sind sog. Sandschutzbleche auf die Holzrahmen geschraubt, die das Achslager vor Verschmutzung von oben schützen sollten. Auch die kleinen 600mm-Holzkipper aus Bottrop (siehe oben) besitzen solche Schutzbleche.

900mm Kastenkipper Bottrop 900mm Kastenkipper Bottrop 900mm Kastenkipper Bottrop 900mm Kastenkipper Bottrop

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